“Ich komme aus einer großen Familie, in der es selbstverständlich war, sich gegenseitig zu helfen.” Aber unsere Gesellschaft und die Anforderungen an die einzelnen Menschen haben sich verändert. Gerade in der Nachbarschaftshilfe spürt man, wieviel Verbindendes das Engagement für unsere Nachbarn enthält – und das gelingt nur mit Menschen, die sich auch engagieren wollen.”
Eine Szene, die Josef Brustmann vielleicht einmal kabarettistisch verarbeiten könnte: Eva-Maria Rühling, Vorsitzende des Wolfratshauser Nachbarschaftshilfe-Vereins “Bürger für Bürger”, sagt: “Wir hatten noch nie einen Schirmherrn.” Brustmann, der soeben als solcher vorgestellt wurde, antwortet: “I woaß a net, wia’s geht.”
Rühling und ihr Stellvertreter Ernst Wieser haben am Mittwoch zur Pressekonferenz ins Pumpenhaus an der Loisach eingeladen, in dem die Bürger für Bürger arbeiten. Und beide sind glücklich, dass der aus Waldram stammende Kabarettist, Multiinstrumentalist und Autor Josef Brustmann bereit ist, die Schirmherrschaft für ihren Verein zu übernehmen. Er hat gerade mit großer Resonanz – nicht nur in Wolfratshausen – eine autobiografische Erzählung herausgebracht. Deren Titel hat beim Verein den letzten Ausschlag gegeben, ihn um das Ehrenamt zu bitten:
“Jeder ist wer”, zitiert Rühling und freut sich: “Das ist genau unser Thema.”
Wer Hilfe brauche, sei unabhängig von Herkunft, Zugehörigkeit, Konfession oder politischer Orientierung bei Bürger für Bürger richtig und werde auch wichtig genommen.
Der Verein hat aktuell 1350 Mitglieder und 240 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer. Vom Kinderpark über ein Digital-Café und den Asylhelferkreis bis zum Seniorentreff reichen die 15 Angebotssparten. Im Jahr zählt man derzeit 487 Veranstaltungen. Und 135 Seniorinnen und Senioren werden zu Hause betreut, eine Aufgabe, die nicht nur mit Zuwendung, sondern auch mit einer Menge Bürokratie verbunden ist. Rühling bringt es auf den Punkt: “Wer sich bei uns einlässt, hat gut zu tun.”
Brustmann hat sich eingehend informiert, bevor er sich als Schirmherr bereitfand. Sein Urteil ist eindeutig:
“Ein Vorzeigeprojekt!” Die Menschlichkeit, mit der die Bürger für Bürger arbeiteten, sei sehr beeindruckend; sie erfüllten “einen gesellschaftlichen Auftrag erster Güte”, sagt er.
Und zitiert Josef Beuys mit seinem erweiterten Kunstbegriff. Dieser hätte zu Bürger für Bürger gesagt: “Eine Soziale Plastik.”
Brustmann erklärt, er könne sich vorstellen, gelegentlich eine Benefizveranstaltung für den Verein zu geben. Im Übrigen könne er zwar überhaupt nicht für sich selbst betteln, für andere hingegen schon. Darauf hoffen Rühling und ihre Leute. Die “Strahlkraft” des sehr bekannten Kabarettisten könne womöglich helfen, Spenden aufzubringen, die der Verein dringend brauche. Denn bei der Fülle an Aufgaben fehle es doch gelegentlich einfach an Geld. Die Vorsitzende zählt ein paar Beispiele auf, wo Armut herrscht und Menschen Hilfe brauchen – vom Schulausflug, den sich eine Familie nicht leisten kann, bis zum vereinsamten alten Menschen, der kein Geld für ein noch so kleines Extra hat. “Hier vor der Haustür gibt es so viel Not, die nicht gesehen wird”, sagt sie.
Von Felicitas Amler, Wolfratshausen
Beitragsfoto: Neuer Schirmherr bei Bürger für Bürger ist Josef Brustmann (Mi.). Vorsitzende Eva-Maria Rühling und ihr Stellvertreter Ernst Wieser. © Hans Lippert